ERNTEDANKFEST
Die Sorge - wer kennt sie nicht? Sie ist eine Grundbefindlichkeit unseres Lebens, d.h. solange wir auf der Welt sind, ist unser Leben von Sorgen beherrscht: Sorge um unsere Existenz, unser Wohlergehen, unsere Zukunft; dass wir nicht hungern müssen, etwas zum Anziehen, ein Dach über den Kopf haben... Wie viel Zeit und Energie setzen wir dafür ein? Und das ist gut so.
Unser Problem aber ist, dass es nicht dabei bleibt. Auch wenn wir hier bei uns die Grundbedürfnisse befriedigen können, sind wir damit nicht zufrieden. Wir wollen immer mehr. Mehr Geld, mehr Gewand, mehr Geräte, mehr Konsum. Und wenn wir schon so weit sind, dass wir eigentlich zufrieden wären, dann gibt es da noch eine übermächtige Werbung, die uns glauben lassen will, dass wir dies und jenes auch noch unbedingt brauchen, um fitter, jünger, schöner, glücklicher zu sein.
Das merkwürdige ist nun: Je mehr wir haben, umso mehr machen wir uns Sorgen, dass wir es wieder verlieren. Wir müssen uns da unbedingt wieder absichern, dutzende Versicherungen abschließen. Um es mit einem alten chinesischen Sprichwort auszudrücken: „Obwohl sie nicht hundert Jahre alt werden, bereiten sich die Menschen Sorgen für tausend Jahre." Das ist unser moderner Lebensstil geworden, unser Lebensgefühl. Wir werden getrieben durch Sorgen um viele Dinge, die wir im Grunde genommen nicht brauchen. Sind da nicht die Worte von Jesus „Macht euch keine Sorgen!“ hochaktuell? Darüber hinaus: „Und wenn ihr euch noch so viel sorgt, könnt ihr doch euer Leben um keinen Augenblick verlängern.“ Jesus lädt uns ein, „lockerer“, „befreiter“, nicht so „verkrampft“ zu leben! Wie aber ist das möglich?
Es ist ja instinktiv: Im Grunde geht es immer um die Angst um unser Ich. Es geht nur um die eigene Fürsorge. Dabei vergessen wir eine Grundwahrheit: Ich bin nur dann jemand, wenn ein anderer mich akzeptiert, mich mag und wertschätzt. Mein Selbstwertgefühl entsteht nicht dadurch, dass ich viel habe, sondern weil es Menschen gibt, die mir das Gefühl geben, dass ich wichtig bin, dass es gut ist, dass es mich gibt.
Ist das nicht die unheimlich befreiende Botschaft, die Jesus bringen will? Du bist bedingungslos angenommen und geliebt durch Gott. Sogar wenn du sonst niemanden hast, du bist jemand, weil Gott dich liebt. Was auch geschieht: Du brauchst um dein Leben keine Angst zu haben. Je mehr wir „realisieren“, dass wir von Gott geliebt sind, umso freier werden wir: Wir dürfen einfach da sein, spielerisch leicht, wie Kinder, ohne all diese unnötigen, übertriebenen Sorgen. Ich kann Gott für mein Leben von ganzem Herzen danken: Für meine Geburt, meinen Körper, für die Zeit, in der ich lebe, für meine Beziehungen, meine Arbeit, meine Geschichte. Ich kann mein ganzes Leben, mich selbst, mit allem, was dazugehört dankbar annehmen und so finde ich zu einer Grundhaltung von Gelassenheit und Vertrauen. Gottvertrauen befreit mich von allen unnötigen Sorgen. Die Sorge bleibt, aber sie behält nicht die Oberhand. Es ist nicht diese verkrampfte Sorge, die unfrei macht, wie ein innerer Druck, der schließlich die Lust am Leben, alle Lebensfreude zerstören kann.
Diese innere Einstellung, dieses Grundvertrauen zu Gott ist der Grund dafür, dass wir Erntedank feiern. Wir dürfen dankbar sein, genug zum Leben zu haben, genug an Essen und Trinken, genug an Gaben, die wir zum Leben brauchen. Dankbar für all diese Geschenke, für die Blumen und die Farbenpracht der Natur, für das saubere Wasser, für die guten Früchte, für unsere guten menschlichen Beziehungen... für so viele Früchte, die wir ernten dürfen und all dies im überwältigenden Gefühl, dass Gott es gut mit uns meint, dass wir in seinen Augen wertvoll sind.
Vielleicht können wir es mit diesem Gebet zusammenfassen: „Schöpfer des Alls! Wir bestaunen dein Werk und loben dich. Mach uns zu treuen und sorgsamen Verwaltern deiner Erde, dass wir aufhören, sie zu schänden und auszubeuten. Erhalte uns die Freude an der Natur und die Ehrfurcht vor dem Leben. Hilf uns barmherzig zu sein mit allen Kreaturen. Wir sind ja auch von der Erde und danken dir jeden Atemzug. Segne uns, damit auch Kinder und Kindeskinder mit all deinen Geschöpfen diese Erde bewohnen können. Amen.“